Es beginnt oft ganz plötzlich. Ein Kind, das bisher flüssig gesprochen hat, beginnt zu stocken. Silben werden wiederholt, Worte kommen nur mühsam heraus. Für viele Eltern ist das ein beunruhigender Moment. Die große Frage, die sich sofort stellt: Ist das Stottern nur eine Phase, die bald vergeht? Oder braucht mein Kind professionelle Hilfe?
In diesem Beitrag möchten wir Ihnen Sicherheit geben. Wir erklären, wie Sie das Stottern bei Ihrem Kind richtig einordnen können, was typische Merkmale sind und wann der richtige Zeitpunkt für eine logopädische Unterstützung gekommen ist. Denn je früher Sie handeln, desto besser kann Ihrem Kind geholfen werden.
Was ist Stottern eigentlich?
Stottern ist eine sogenannte Redeflussstörung. Dabei kommt es zu Unterbrechungen im normalen Sprachablauf. Diese können sich durch Wiederholungen von Lauten oder Silben äußern, durch Dehnungen von Lauten oder durch komplette Blockaden beim Sprechen.
Beispiele sind:
- Wiederholungen: „M‑m‑mama kommst du?“
- Dehnungen: „Ssssso will ich das machen.“
- Blockaden: Das Wort bleibt „stecken“, obwohl das Kind genau weiß, was es sagen möchte.
Stottern tritt bei etwa fünf Prozent aller Kinder im Vorschulalter auf. Bei vielen legt sich das von selbst wieder. Doch in manchen Fällen bleibt es bestehen oder verstärkt sich sogar mit der Zeit. Deshalb ist es so wichtig, das Verhalten genau zu beobachten und im Zweifel frühzeitig fachliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
Vorübergehendes Stottern – eine normale Entwicklungsphase?
Tatsächlich durchlaufen viele Kinder zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr eine sogenannte „normale Unflüssigkeit“. In dieser Zeit wächst der Wortschatz rasant. Das Denken ist oft schon weiter als die sprachlichen Fähigkeiten. Dadurch kommt es zu kleinen Stolperern im Satzbau oder zur Wiederholung einzelner Wörter.
Diese Form des nicht flüssigen Sprechens ist meist harmlos und verschwindet von allein wieder. Sie äußert sich oft durch:
- Unregelmäßige Wiederholungen ganzer Wörter (z. B. „Und und und dann…“)
- Keine sichtbare Anstrengung beim Sprechen
- Keine Reaktion des Kindes auf die Sprechunflüssigkeit
- Keine begleitenden Körpersymptome wie Augenzwinkern oder Atemstocken
Eltern brauchen in diesen Fällen vor allem eins: Geduld, Ruhe und eine sprachlich entspannte Umgebung. Trotzdem ist es ratsam, das Verhalten im Blick zu behalten. Denn der Übergang zwischen einer harmlosen Phase und einem behandlungsbedürftigen Stottern kann fließend sein.
Wann wird Stottern zum Problem?
Ein Stottern gilt als behandlungsbedürftig, wenn:
- Es länger als drei bis sechs Monate anhält
- Das Kind beginnt, Sprechen zu vermeiden oder Sprechsituationen zu fürchten
- Es körperliche Begleitsymptome zeigt, wie Muskelanspannung im Gesicht, Mitbewegungen von Kopf oder Armen oder unnatürliche Atempausen
- Es Frustration oder Scham zeigt, etwa durch Rückzug, Traurigkeit oder Wut beim Sprechen
- Das Stottern plötzlich stark zunimmt und in vielen Alltagssituationen auftritt
Wenn Sie eines oder mehrere dieser Anzeichen bei Ihrem Kind beobachten, sollten Sie nicht zögern, eine logopädische Fachkraft zu kontaktieren. Je früher die Unterstützung beginnt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Stottern gut regulieren oder sogar ganz überwinden lässt.
Was macht die Logopädie bei Stottern?
In der logopädischen Therapie wird Ihr Kind ganz individuell betreut. Es geht nicht darum, „richtiges“ Sprechen zu erzwingen, sondern darum, einen angstfreien Umgang mit der Sprache zu ermöglichen. Die Ziele sind:
- Entspannung im Sprechablauf fördern
- Sprechfreude wieder aufbauen
- Selbstvertrauen im sprachlichen Ausdruck stärken
- Strategien zur Sprechsteuerung kindgerecht vermitteln
- Eltern in den Prozess aktiv einbinden und beraten
In der Praxis kommen dabei spielerische Methoden zum Einsatz, die auf die jeweilige Altersstufe abgestimmt sind. Denn Kinder lernen am besten durch Bewegung, Fantasie und kreative Sprechsituationen und nicht durch Druck oder Kontrolle.
Auch die Zusammenarbeit mit den Eltern ist ein zentraler Bestandteil. Sie erhalten Tipps, wie sie zu Hause unterstützend wirken können, zum Beispiel durch bewusst langsames Sprechen, Blickkontakt und geduldiges Zuhören ohne Verbesserung.
Was Sie als Eltern tun können
Wenn Sie unsicher sind, wie Sie mit dem Stottern Ihres Kindes umgehen sollen, helfen bereits einfache Maßnahmen im Alltag:
- Sprechen Sie langsam und deutlich, aber nicht übertrieben.
- Unterbrechen Sie Ihr Kind nicht, wenn es spricht – auch nicht aus Hilfsbereitschaft.
- Zeigen Sie Geduld und vermeiden Sie Korrekturen wie „Sprich schön“ oder „Hol erstmal Luft“.
- Sorgen Sie für ruhige Gesprächssituationen, ohne Zeitdruck oder Konkurrenz.
- Signalisieren Sie: Du wirst gehört – unabhängig davon, wie flüssig du sprichst.
Wichtig ist: Das Kind darf sich angenommen fühlen. Je entspannter das Umfeld ist, desto weniger Druck entsteht – und desto besser kann das Kind sich sprachlich entfalten.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für Logopädie?
Wenn Sie sich als Eltern sorgen oder unsicher sind, ist es nie zu früh für ein Beratungsgespräch. Bereits ein erstes informatives Gespräch mit einer Logopädin oder einem Logopäden kann helfen, die Situation besser einzuordnen.
Sie brauchen dafür kein Rezept vom Arzt, um sich zu informieren. Für eine gezielte Therapie hingegen ist eine Verordnung durch den Kinderarzt oder die Kinderärztin notwendig. Diese wird in der Regel unkompliziert ausgestellt, wenn ein Bedarf vorliegt.
Fazit: Zuhören ist der erste Schritt zur Hilfe
Stottern ist kein Grund zur Panik – aber auch kein Thema, das man auf die leichte Schulter nehmen sollte. Denn hinter den stockenden Worten steht oft ein Kind, das ganz genau weiß, was es sagen möchte und dem einfach das passende Werkzeug fehlt, es flüssig auszusprechen.
Mit frühzeitiger Unterstützung und der richtigen Begleitung können viele Kinder lernen, selbstbewusst und angstfrei zu sprechen. Logopädie kann dabei der entscheidende Schritt sein, nicht nur für die Sprache, sondern für das ganze Selbstwertgefühl.
Wenn Sie Fragen haben oder unsicher sind, ob bei Ihrem Kind eine logopädische Therapie sinnvoll ist, nehmen Sie gern Kontakt zu uns auf. Gemeinsam finden wir den besten Weg für mehr Leichtigkeit im Sprechen und mehr Freude an der Sprache.
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